Online Reiseberichte aus Südamerika

COLOMBIA

Oscar, ein Schulkamerad aus meiner kanadischen Englischklasse hat mich zu sich nach Bogotá eingeladen. Nur zu gerne folge ich der Einladung und lande am 24. Januar 2005 in der Hauptstadt Kolumbiens. Die Einreise ist kein Problem und ich erhalte eine 60 Tage gültige Aufenthaltsbewilligung. Oscar holt mich mit seinem Wagen ab und ich bekomme einen ersten durchaus positiven Eindruck. Die Strassen sind sehr sauber und die Sicherheitskräfte sind nicht so auffällig, wie zum Beispiel in Guatemala. Ich fühle mich sofort sicher in der modernen, schon beinahe europäischen Stadt. Auf den Strassen sehe ich viele europäische Fahrzeugmarken. Die Verkehrsdichte wird durch Fahreinschränkungen reglementiert (letzte Ziffer im Nummernschild) und jeden Sonntag werden wichtige Strassen für Radfahrer und Fitness gesperrt. Die Schulbildung ist sehr hoch, die Schulbücher werden an der Uni nur in englisch gelesen und die ersten erfolgreichen Augenlaseroperationen wurden in Kolumbien durchgeführt.
Ich schlafe im Gästezimmer der Familie Echavarria im 14. Stock und habe eine herrliche Aussicht auf die Nordseite von Bogota. Am nächsten Tag zeigt mir Nathalia, die Schwester von Oscar einige Sehenswürdigkeiten. Wir fahren mit dem vollbesetzten TransMilenio, einem Bussystem mit modernen Haltestellen, ins Zentrum der Stadt. Die Hauptstadt liegt auf 2600m über Meer und es ist hier im Durchschnitt nur 14 °C warm. Ein Funicular bringt uns dann hinauf nach Monserrate, einer Kirche auf einem 3100m hohen Berg am Stadtrand. Von dort oben haben wir eine tolle Aussicht und können auf einen Teil der rund 7 Millionen Einwohner zählenden Stadt hinterschauen. Natürlich befindet sich hier auch ein gediegenes Restaurant. Zurück auf dem Boden der Realität, in der Altstadt La Candelaria besichtigen wir den Präsidentenpalast und den Plaza Bolivar mit der Kathedrale.
Die Nationalfarben Kolumbiens sind "Gelb": reich an Gold, "Blau": von Meeren umgeben und "Rot": das vergossene Blut der gewonnenen Freiheit. Im eindrücklichen "Museo del Oro" (Goldmuseum) bestaunen wird den prunktvollen Goldschmuck der indogenen Völker Kolumbiens. Eine Volksgruppe huldigte ihren Göttern auf einem See und warfen Goldfiguren und Emeralde von einem Schiff in der Mitte des Sees ins Wasser hinein: die Legende "El Dorados" [Webseite Goldmuseum].
An einem weiteren Tag fährt uns die Mutter von Oscar in die etwa eine Fahrstunde nörtlich von Bogota liegende Ortschaft Zipaquira. Dort besichtigen wir eine gewaltige unterirdische Kathedrale. Die Kirche wurde von Minenarbeiter in die Salzfelsen gesprengt und gemeisselt. Die Räume sind riesig gross und mystisch ausgeleuchtet. Auf folgender Webseite unter [RECORRIDO VIRTUAL] kannst du selber den phantastischen Ort virtuell besuchen: [Webseite Kathedrale aus Salz].
Auf der Rückfahrt halten wir bei einer Milchverarbeitungszentrale und ich staune nicht schlecht, als ich dort unser bekanntes Matterhorn im Firmenlogo sehe. Im Laden kann man (Raub?)-Kopien vom Emmentaler-/Tilsiter- und Greyerzer-Käse kaufen. [Webseite Alpina Colombia].
Und an diesem Tag erwartet mich eine weitere Überraschung. - Meine Kreditkarte ist aus Sicherheitsgründen gesperrt worden, denn Unbekannte haben die Karte kopiert und mir knapp 1000 € belastet :-(. Ich habe die Karte noch nicht in Kolumbien benutzt, es muss irgendwo in Zentralamerika passiert sein. Zum Glück habe ich noch meine EC/MAESTRO Karte dabei und habe trotzdem noch eine Geldquelle. Die brauche ich unbedingt um einen Weiterflug nach Cartagena, einem kolumbianischen Ferienort an der Karibik zu buchen. Dort soll mir dann auch eine neue Kreditkarte zugestellt werden. Es gibt verd.... üblere Orte um auf eine Kreditkarte aus Europa zu warten ;-).
Mit Oscar und seinen Freunden verbringe ich den Abend in einem Brau-Pub und wir schauen das Fussballspiel Colombia-Uruguay. Kolumbien gewinnt 3:1, die Stimmung kocht und Cerveza und Aguardiente (eine Art Anisschnaps) fliessen in Strömen. Ich habe nur wenig Schlaf diese Nacht, denn am nächsten Tag machen wir eine grossere Überlandfahrt. Nathalia fährt mich temperamentvoll mit dem Renault Clio ihres Bruders zu einigen besonders schönen Orten. An der Puente de Boyaca schlugen 1819 die Truppen Simon Bolivars die Spanier und seither ist der "el 7 de agosto" ein Nationalfeiertag. Weiter geht die rasante Fahrt nach Villa de Leyva, einem herrlichen kolonialem Städtchen. Der zentrale Platz (Plaza) und die Strassen sind mit groben Pflastersteinen bedeckt. An einer Seite der eindrücklichen "Plaza de Major" stehen koloniale Häuser mit grossen Balkonen.
An diesem Tag besuchen wir noch den kleinen Ort Raquira, der landesweit für seine kunstvolle Keramikarbeiten bekannt ist. Auf unserer Rückfahrt fährt mich Nathalia noch kurz durch die Innenstadt von Chiquinquira, damit ich die imposante Basilika auch noch gesehen habe :-). Das grosse Schloss am Strassenrand gehörte einmal einem Drogenbaron, heute kann man es für Partys mieten. Auf der Landstrasse sehe ich immer wieder folgendes seltsames Strassenschild. Was soll das wohl darstellen? In Kolumbien müssen alle Fahrzeuge ausserorts mit eingeschaltenem Licht fahren und das Symbol zeigt an, dass mit Fernlicht gefahren werden kann. Bei Gegenverkehr muss dann natürlich auf Ablendlicht umgeschaltet werden. Braucht es dazu wirklich ein Strassenschild?
Im Strassenverkehr fallen auch die Motorradfahrer auf. Sie müssen ein orangenes Gilet tragen, mit dem Aufruck des Nummernschildes am Rücken. Diese Nummer befindet sich auch auf der Hinterseite des obligatorischen Helms. Damit sollen Attentäter auf Motorrädern besser identifiziert werden können... Apropos Sicherheit, die Sicherheitskräfte sind überall present, aber nie aufdringlich.
Das sind die offiziellen, etwas übertriebenen Hinweise meiner Regierung: [Webseite Reisehinweise Kolumbien].
Ich fühle mich bisher aber immer sehr sicher, du musst dich einfach vorher erkundigen. Die stetige Anwesenheit von privaten Sicherheitsleuten gibt ein Gefühl von Sicherheit. Speziell ist mir der Armeehelikopter aufgefallen, der bei Nacht ohne Positionslichter über die Stadt fliegt, aber sonst ist das Militär nicht stärker present als in den Ländern Zentralamerikas. Oscar zeigt mir auch einen unaufälligen schusssicheren Wagen. Nur beim Klopfen auf das Chassisblech merkt man, dass es sich hier nicht um ein gewöhnliches Fahrzeug handelt. Den Helikopter haben wir von der Dachterrasse eines Apartments gesehen, dorthin hat mich Oscar zu einer Party eines Freudes mitgenommen. Bei der Gelegenheit zeigt mir Eleanora, die Freundin von Oscar ein paar Tanzschritte für den Samstagabend :-) und ich lerne viele nette Leute kennen. Die meisten reden ausgezeichnet Englisch und mit den anderen kann ich mein Spanisch üben.
Und dann kommt der Samstagabend! Im Restaurant "Salto del Angel" beim "Parque 93" steigt nach dem Essen eine gewaltige Party. Keiner der über 1000 Gäste sitzt mehr am Tisch, alle tanzen und singen zu latinamerikanischen Hits! WAU!
Am nächsten Tag heisst es aber doch Abschiednehmen, ungern verlasse ich meine Freunde und die Stadt Bogota, denn ich hatte wirklich eine gute Zeit hier! Aber ich bin ein Reisender und der Weg ist noch lang.

Am Sonntag 30. Januar 2005 fliege ich weiter an die Karibiküste nach Cartagena. Ich finde auf der Halbinsel Bocagrande unweit vom Strand ein einfaches Hotel/Restaurant. Doch noch ist nichts mit lockerem Strandleben, denn zuerst ist harte Arbeit angesagt. Schliesslich muss ich meinen Wagen am Hafen abholen beim Zoll importieren. Das ganze ist natürlich mit Überraschungen verbunden. Es beginnt schon beim Eintritt als Besucher in die Hafenanlage. Dort sind die Sicherheitsvorschriften sehr streng und mit meinen Sandalen wollen sie mich zuerst nicht reinlassen. Als ich dann endlich nach langen Wartepausen, die Mittagspause wird gross geschrieben, meinen Wagen zu Gesicht bekomme, kommt die ganz grosse Überraschung!
Der Schlüssel zum Wagen steckt, aber die Türen sind verschlossen. Einige Hafenarbeiter entfernen gerade Seilzeug von den Wagenrädern. Irgendeiner hat den Schlüssel eingeschlossen und die Arbeiter haben nun mit einem Kran oder sogar von Hand mein Fahrzeug aus dem Schiff geholt. (Aus Kostengründen ist der Wagen nicht in einem Container transportiert worden). Ein Ersatzschlüssel ist mit meiner Geldbörse in Costa Rica gestohlen worden. Ein weiterer Ersatzschlüssel habe ich unter dem Wagen versteckt angeklebt. Genau mit diesem will ich nun die Türen öffnen. Ich drehe den Schlüssel im Schloss, doch nichts geht! Ich versuche es auf der Beifahrerseite, doch auch dort dasselbe. Und dann sehe ich auch weshalb! Der Fenstergummi ist nicht mehr glatt, jemand hat versucht den Wagen ohne Schlüssel aufzumachen. Dabei wurde der Türoffnungsmechanismus mit Gewalt zerstört. Da steh ich nun mit der Zollbeamtin vor einem verschlossenem Wagen. Ich versuche es noch einmal auf der Fahrerseite und habe Glück, die Tür öffnet sich. Dann stelle ich aber fest, dass sie sich nur noch von aussen öffnen lässt. Wenn ich aber im Wagen sitze, kann ich von innen die Tür nicht mehr öffnen und bin dann wie eine Maus im Käfig gefangen. Ich gehe also zurück zum Seabord Office und erkläre die Situation. Später wird auch der stellvertretende Leiter der Koordination aller Operationen im Hafen informiert und die Sache wird zur Chefsache! Nach vielen Erklärungen und Telefonaten bringt mich der Chef zur Hafenwerkstatt. Die Jungs dort sind echt gut und reparieren die Türschlösser.
Nun kann ich bald den Hafen verlassen, doch zuerst muss ich noch mit meiner Unterschrift und dem Fingerabdruck 9-fach bestätigen, dass der Wagen mir gehört. Es ist bereits dunkel als ich den Hafen verlassen kann und fahre dann mit unvollständigen Zollpapieren und ohne obligatorische Wagenversicherung durch ein Verkehrschaos hindurch zurück zum Hotel. Hoffentlich stoppt mit die "Policia Transito" nicht :-o. Die Zollpapiere kann ich erst am nächsten Tag im Hauptzollgebäude fertigstellen lassen. Und eine Versicherung, welche ich nur für einen Monat abschliessen kann, muss ich auch noch zuerst finden.
Das waren also die Highlights der Wagenimportation in Cartagena, Colombia :-) - und hier noch die Übersicht:
  1. Von Seaboard Marine die originalen Transportpapiere erstellen lassen (Gebäude 1: Muelles, El Bosque)
    Hinweis: Keine offenen Schuhe tragen
  2. Hafen wieder verlassen und mit dem Taxi zum Zoll in Manga fahren
  3. Beim Zoll ein Request für "Temporary Importation of a Tourist Vehicle" beantragen (Aduana, Manga)
    Hinweis: Die Beamtin notiert den Wagen in einem Buch: Mein Fahrzeug ist Nr. 0004 im Jahr 2005 (innerhalb eines Monats nur 4 Fahrzeuge!)
  4. Zoll wieder verlassen und mit dem Taxi zurück zum Hafen nach El Bosque fahren
  5. Hafengebühr berechnen lassen: 137'330 Pesos (58 US$) und 9'471 Pesos (4 US$) Parkgebühr für einen Tag (Gebäude 2: Muelles, El Bosque)
  6. Hafengebühr am Bankschalter bezahlen (Gebäude 2, Schalter daneben: Muelles, El Bosque)
  7. Mit Hafengebührquittung zur Zollinspektorin (Gebäude 3: Muelles, El Bosque)
    doch sie macht gerade Mittagspause und lässt mich 4 Stunden warten
  8. Mit einem Sicherheitsmann (wegen meinen Sandalen :-) und der Inspektorin fahren wir ans Hafenende und endich sehe ich den verstaubten Wagen (Hafengelände)
  9. Kurze Wagenkontrolle und der Kontrolle der Serienummer durch die Inspektorin (Hafengelände)
  10. Zollinspektionspapiere erstellen lassen (Gebäude 3: Muelles, El Bosque)
  11. (Transportschaden mit der Hafenleitung besichtigen und beheben lassen) (diverse Büros und Hafenwerkstatt)
  12. Mit dem Inspektionsbericht muss ich die Autorisierung zum Verlassen des Hafens mit einem Fingerabdruck bestätigen (Gebäude 2, anderer Schalter: Muelles, El Bosque)
  13. Ein Hafenmitarbeiter meldet den Wagen beim Hafensystem ab und schaut kurz in den Kofferraum (Ausfahrt: Muelles, El Bosque)
  14. Am nächsten Tag zum Zoll in Manga fahren
  15. Mit den Zollinspektionspapieren komplette Zollpapiere erstellen lassen (Aduana, Manga (DIAN))
  16. Versicherungsgesellschaft für kurze Laufzeit der Wagenhaftplicht suchen (Centro Cartagena)
    "Segura de La Previsora": 1 Monat für nur 13'842 Pesos (ca. 6 US$) (2200 Pesos entsprechen etwa 1 US$)


  17. 2 Tage später erhalte ich einen Telefonanruf ins Hotel:
    Der Hafen (Muelles, El Bosque) benötigt dringend ein Kopie meiner vollständigen Zollpapiere. Sie haben einen Fehler gemacht, der Wagen hätte den Hafen eigentlich gar nicht verlassen können ohne die Papiere.
    Die Sekretärin kommt mit einem Motorradtaxi vorbei und holt die Kopie ab :-)
Endlich habe ich alles nötige für eine hoffentlich gesetzliche Fahrerlaubnis erledigt (der Zoll kümmert eine obligatorische Versicherungen wenig :-) und habe endlich Zeit für die Altstadt. Einer der vielen Buse bringt mich schnell von Bocagrande ins Zentrum. Cartagena war ein Speicherplatz für Waren und Schätze, welche die Spanier in Amerika sammelten und dann zurück nach Spanien verschifften. Eine Reihe von Festungen schützten vor einer feindlichen Annäherung vom Meer her und die dicken Schutzmauern um die Stadt, machten Cartagena beinahe uneinnehmbar. Innerhalb der gewaltigen Stadtmauern drängen sich gut erhaltene koloniale Gebäude, Kirchen und eine Kathedrale um enge Strassen und kleine Plätze. Es gibt viel zu sehen in den teilweise stark belebten Strassen. Dort stosse ich auch auf eine Skulptur von F. Botero, einem bekannten kolumbianischen Künstler aus Medellin. Aber ich treffe nicht nur auf Kunst, sondern auch nette Menschen. Mit Mayerlis macht doch eine Stadtbesichtigung noch mehr Spass. Die Kolumbianer sind sehr liebenswert, hilfsbereit, ruhig und gelassen. "Tranquilo" - ist die Devise. So fühle ich mich hier gut aufgehoben. Auch Ramiro, ein Strassenhändler, zeigt mir nach Feierabend seine Stadt und einige interressante Plätze, welche die wenigen Touristen hier kaum zu Gesicht bekommen. Ich zahle im dafür zwei Cerveza und er hat mir bereits einen Job. In Cartagena bauen sie nächstes Jahr das höchste Gebäude Kolumbiens und dazu brauchen sie noch Fachleute...
Zum Schutz der Stadt bauten die Spanier auf einem Hügel das gewaltige Fort Castillo San Felipe. Mit seinen dicken Mauern und vielen unterirdischen Gängen ist das "Castillo San Felipe" die mächtigste Festung, welche die Spanier in ganz Amerika gebaut haben. Na klar, das viele Gold musste gut geschützt werden :-).
Auch dieser Abschied fällt mir nicht leicht, doch in Barranquilla ist gerade "Carnaval". Dort treffe ich Henning, mit dem ich vor zwei Monaten auf Utila in Honduras die e-mail Adressen getauscht habe. In einer lustigen Gruppe am grössten Karneval Kolumbiens mit dem bunten Strassenumzug teilzunehmen macht natürlich mehrfach Laune.
[Webseite Carnaval Barranquilla]
Die Hafenstadt ist ziemlich schmutzig und nicht ganz ungefährlich, wie es scheint. Der Taxifahrer der mich nach dem Karnevalsumzug auf die Strasse setzt, bemerkt, dass er hier zum ersten Mal bei Nacht durchfahre. Die Gegend ist gar nicht so übel, ich habe mich wohl auch schon an die auf der Strasse liegenden schlafenden Menschen gewöhnt. Auch kennen sie mich unterdessen hier und ich bemühe mich auch nicht wie ein Touri rumzulaufen. Ich wohne in einem interessanten Camion-Fahrer-Hotel und parkiere meinen kleinen Wagen zwischen den Lastkraftwagen der Berufsfahrer. Das Hotel gleicht von aussen einem Gefängnis, es hat keine Fenster, sondern nur Lüftungsschlitze. Dafür geht es aber nachts vor dem Hoteleingang bunt zu und her. An einem provisorischen Warenstand verkauft eine ältere Señora alles - auch Bier. Und so sitze ich mit den Chauffeuren draussen in der warmen Nacht auf Plastikstühlen und trinke ein 1000 Pesos Bierchen.
Aus Barranquilla ist auch die bekannte kolumbianische Sängerin Shakira, doch diese Nacht war sie wohl gerade nicht auf der Strasse (sicher nicht in meiner ;-).
Der Karneval ist zu Ende und ich fahre weiter in die kleine Stadt Santa Marta. Genau ein Ort nach meinem Gusto: überschaubar, an einer kleinen Bucht am Meer gelegen und mit einer Strandpromenade, wo immer was läuft... Nur das mit dem Hotelzimmer war wieder so eine Sache. Ich habe es nicht so gerne, wenn mir nachts die Mäuse im Bett auf die Füsse springen. Aber es könnte ja noch schlimmer kommen - wenn sie mir direkt ins Gesicht hüpfen ;-). Die "Ciudad Perdida" werde ich nicht suchen gehen, ich habe keine Lust eine Woche im Regenwald zu verbringen. Ich gehe lieber tauchen...
Eine Boot bringt mich in die Bucht "EL Granate" zu einer kleinen Finca am Hang. Eine ideale Tauchbasis! Von dort oben hat man eine gewaltige Aussicht auf das Meer und natürlich den Sonnenuntergang. Ich tauche mit Alejandro aus Kuba in den starken Strömungen der kargen Isla Aguja. Wir lassen uns treiben und die Unterwasserwelt zieht wie in einem Film an uns vorbei. Alejandro lebt schon seit Jahren mit seiner kolumbianischen Freundin in Santa Marta. Zu dritt spazieren wir nach dem Tauchen über die Halbinsel im "Parque Tayrona" zur menschenleeren Playa Brava. Dabei entdecken wir in einer Bucht eine Moräne, die gerade Schutz im seichten Wasser sucht. Später beim erholsamen Tauchen in der abgelegenen Bucht sehen wir dann ihre Artgenossen auch unterwasser. Nach dem gemeinsamen Nachtessen mache ich es mir in der Hängematte bequem und erwarte den nächsten Tag.
Wieder zurück in der lebhaften Hafenstadt Santa Marta treffe ich Ali, der auch alleine auf Reisen ist. Zusammen fahren wir zum nahen Fischerort Taganga. Das kleine Dort liegt idyllisch in einer kleinen Bucht.
Auch nicht allzuweit entfernt ist der Parque Tayrona. Dort herrscht ein komplett anderes Klima, statt in einer trockenen Zone mit Kaktussen befinden wir uns im Regenwald. Regenschauer haben denn auch den etwa einstündigen Fussweg zum Traumstrand zu einem Schlammpfad gemacht. Doch dies hält uns nicht davon ab und wir werde dafür mit unvergesslichen Eindrücken belohnt. Wir schlafen nahe am Meer und das rauschen der Meeresbrandung und das Schaukeln der Hängematte wiegen mich in den Schlaf.
Ich verabschiede mich wieder von Ali und fahre weiter nach Riohacha, die Kleinstadt an der Atlantikküste gefällt mir gut. Ich bin wohl der einzige mit heller Haut, ein einsamer Tourist und trotzdem werde ich kaum beachtet. Deshalb kann ich einfach und unauffällig durch die Strassen der Stadt streifen. Die Kolumbianer sind einfache und zufriedene Leute und lassen dich in Ruhe. Doch sobald du was fragst und mit ihnen ins Gespräch kommst, sind sie voll dabei, interessiert und hilfsbereit. Ich beobachte das Alltagsleben und setzte mich zu einem dieser unzähligen "Jugos Naturales" Stände. Dort machen sie frische Säfte von uns unbekannten Früchten. Mein aktueller Lieblingsdrink ist Lulo, der schmeckt fast wie wilde Erdbeeren. Lecker ist auch Nispero, und Guayaba. Wenn ich also so dort sitze, komme ich auch ins Gespräch mit Leuten und ab und zu läuft auch einer mit einem Kaffeekrug vorbei. Der Strassenhändler verkauft auch Milchkaffee, aber mein Lieblingskaffee ist "Tinto", schwarzer kolumbianischer Kaffee!
In der Nacht essen die Leute in Strassenküchen am Strassenrand. Als ich eine der Köchinen frage, wo ich hier ein Bier trinken kann, steht ein Gast auf und zeigt mir den Weg zu einer "Discotequa". Dort läuft laute Latinmusik und ein anderer Gast setzt sich zu mir. Als ich mit ihm so rede, setzen sich zwei weitere Männer direkt an den Nebentisch. Carlos, mein Gesprächspartner meint, dass es Polizisten sind. Was die hier wollen, ist mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Ich verstehe mich gut mit Carlos und ihm gefällt meine Reisegeschichte. Ich sitze also am Tisch mit meiner linke Hand leicht gekrümmt und plötzlich spüre ich einen kleinen Plastikkneuel in meiner Hand. Ein Geschenk eines Kolumbianers bemerkt Carlos nur kurz. Überrrascht und möglichst unauffällig lasse ich das Plastiksäckchen in meiner Tasche verschwinden. Schliesslich will ich nicht, dass die vermeintlichen Polizisten auf falsche Gedanken kommen. Wie führen das Gespräch weiter und Carlos erzählt mir, dass er von der Insel San Andres komme und er vom Schmuggel lebe. Er könne alles transportieren meint er, aber sein altes Schiff sei abgesoffen. Er denkt bereits daran meinen Wagen mit Ware zu füllen und nach Kanada zurück zuschicken. Tolle Idee denke ich und ich wandere dann in den Bau... Carlos ist kaum zu bremsen und bezahlt eine Bierrunde nach der anderen. Ich muss die Handbremse ziehen und verabschiede mich.
Bereits am nächsten Tag besucht mich Carlos mit einem Freund in meinem Hotelzimmer. Bei dieser Gelegenheit will ich ihm auch die zwei kleinen weichen weissen Klümpchen zurückgeben. Doch er meint nur, wenn ich es nicht wolle, soll ich es doch einfach wegwerfen...
Ich hoffe Carlos hat mir nicht noch ein weiteres unerwartetes Geschenk gemacht und die Beamten an der Grenze öffnen dann die Überraschung...

Alle Reisenden die auf dem Landweg nach Venezuela kommen, benötigen eine "Tarjeta de Ingreso". Dazu muss ich auf dem Konsulat in Riohacha ein Visum anfordern. Nach weniger als einer Stunde erhalte ich das kostenlose Einreisedokument. Am 16. Februar 2005 fahre ich nach Maicao an die Grenze zu Venezuela. Ich habe erwartet, dass ich gleich nach der Grenze in Venezuela Benzin zum Spottpreis kaufen kann. Doch die Grenze ist gesperrt und die Tankstellen sind geschlossen. Damit will die Regierung Venezuelas die Kolumbianer strafen. Ein wichtiges Mitglied der kolumbianischen Guerrilla ist in Venezuela verhaftet worden und dass hat den Grenzkonflikt ausgelöst. Meine Tanknadel steht kurz vor "E" und die nächste Tankgelegenheit ist etwa eine Fahrstunde entfernt. Den Weg schaff ich sicher nicht mehr... Aber ich bin in Kolumbien und Schmuggler bringen mir einen Benzinkanister und füllen meinen Tank (im Hintergrund blockieren Tanker die Grenze). Auch mit der Grenzblockade habe ich Glück, etwa eine Stunde später wird die Grenze nach mehr als 2 Wochen wieder geöffnet. Die Präsidenten Uribe (CO) und Chavez (VE) haben miteinander geredet und die Situation geregelt. Alle Fernsehstationen sind anwesend und filmen mich, als ich mit meinem schmutzigen Wagen grinsend über die Grenze nach Venezuela fahre :-) -> VENEZUELA.


COLOMBIA PART 2

Am 28. März 2005 und nach rund 32'000 Strassenkilometern kehre ich dorthin zurück, wo mein Herz während meiner Weiterreise geblieben ist. Ich bin glücklich zurück in Kolumbien zu sein und spüre sofort wieder die Offenheit und Liebenswürdigkeit der Menschen!
Gleich erledige ich in Cúcuta alle Grenzformalitäten und kaufe bei der Agentur "La Previsora" eine obligatorische Wagenversicherung. Ich benötige fast einen ganzen Tag, doch nun habe ich alle gesetzlichen Papiere und die Kontrollen auf den Strassen sind noch strenger als in Venezuela. Dies alles musste ich erledigen:
  1. Venezuela: Inmigracion Formular abgeben (Gebäude 1: DIAX im Stadtzentrum von San Antonio)
    Hinweis: Nicht an der Grenze! Sondern mitten in der Stadt bei der Carrera 9 und ist 24h offen
  2. Venezuela: "Impuesto de Salida" bezahlen (Marken im Wert von 30'000 Bs. weniger als 15 US$) (Gebäude 2 gegenüber DIAX im Stadtzentrum von San Antonio)
  3. Venezuela: Zurück zur Inmigracion, Marken abgeben und Ausreisestempel erhalten (zurück im Gebäude 1: DIAX)
  4. Venezuela: Am Grenzposten die Fahrzeugbewilligung abgeben und Fahrzeug im Pass abmelden (Gebäude 3: SENIAT an der Av. Venezuela vor der Brücke Simon Bolivar)
  5. Colombia: Im Zollgebäude, einfache Immigration ohne Formular für 60 Tage (Gebäude 4: Inmigracion nach der Brücke Simon Bolivar)
  6. Colombia: DIAN Aduana suchen! Befindet sich auf dem Weg zum Flughafen und ist mehr als 20 km entfernt
  7. Colombia: Kopien aller Dokumente abgeben, inkl. Kopie von Aus- Einreisestempeln (Kopiermaschine ausserhalb des Gebäudes 5)
  8. Colombia: Beamter kopiert Wagenchassisnummer (Wagenkontrolle ausserhalb des Gebäudes 5)
  9. Colombia: Langes Warten bis ich endlich die Bewilligung erhalte: "Solicitud de Importacion Temporal Vehiculos Turismo" für 60 Tage
  10. Colombia: Geldwechselstube suchen, Flughafen oder Zentrum: 1US $ etwa 2200 $ (Pesos)
    Hinweis: Bolivares zu Pesos: 0.83 - der Bs. ist nun schwächer als der Peso
  11. Colombia: Obligatorische Versicherung organisieren - kostet für 60 Tage 29'669 $ (kann scheinbar auch ausserhalb des DIAN Gebäudes gekauft werden oder siehe Link oben: "La Previsora")
    Hinweis: Kopie der Zollpapiere abgeben und lange Warteschlange vor der Agentur!
Na, war gar nicht so schlimm, braucht nur viel Zeit und bis ich nur endlich das DIAN Gebäude und die Versicherungsagentur in der riesigen Stadt gefunden habe...
Nun gehts gleich weiter und ich fahre in die Berge. Eine berüchtigte Strecke, noch vor einiger Zeit gefährlich, wegen den drohenden Gefahren durch Guerrilla und den Paramilitärs. Doch ich rede mit vielen Leuten und alle meinen, dass es nun sicher sei. Ich passiere drei Militärkontrollen und dies gibt mir auch Sicherheit. Die Soldaten sind blutjung und ich habe Mitleid mit ihnen - den wöchentlich gibt es im Süden von Kolumbien Anschläge der Guerrilla und einige der jungen Soldaten sterben dabei. Bei jeder Kontrolle muss ich meinen Kofferraum öffnen und die jungen Soldaten entdecken dabei meine "Brownies" - ein Geschenk noch aus der Schweiz. Ich lasse die Jungs kosten und dies hebt gleich die Moral - nach einem Händedruck fahre ich weiter und erreiche am Abend die kleine Stadt Pamplona auf über 2000 m. Die Kleinstadt wird auch später am Abend noch von vielen Studenten belebt. In den Bergen ist es angenehm kühl und ich bleibe über Nacht hier und schreibe dieses Logbuch...
Ich sehe die Fragezeichen in den Augen der Passanten, die auf mein Autonummernschild "Beautiful British Columbia" schauen, als ich mich für die Weiterfahrt bereitmache. Ich löse das Rätsel mit einigen Erklärungen und die Gesichter schauen freundlich aber noch fragender: "Un Suizo mit einem Wagen aus Canada in Colombia?"
Während Stunden fahre ich über eine kurvenreiche Strasse, wie ein Emmentaler-Käse, aber mit einer traumhaften Aussicht auf die östlichen Kordilleren, die ich durchquere. In Kolumbien teilen sich die Anden in drei Gebirgszüge: die West- Zentral- und Ostkordilleren. Meine obligate 30 minütige Siesta (Power-Nap) mache ich in Berlin neben einem Checkpoint der Policia. Das kleine Bauerndorf befindet sich auf über 3000 m und ist von mehr als 4000 m hohen Bergen umringt.
Als ich die steilen Westflanken der Berge hinunterfahre, sehe ich auch hier die Schäden der starken Regenfällen. Abgerutschte Hänge und zerstörte Strassen. Ein gewaltiges scharfkantiges Loch gibt meinem Auspuff den Todesstoss... (beachte auch das durchgestrichene P unter dem Wagen :-). Da hilft nur eines: fahren [zahlen] - fröhlich sein :-)! "Zitat aus einem Song der Toten Hosen".
Dann erreiche ich Bucaramanga und es ist nicht leicht in der verkehrsreichen Stadt im Zentrum ein Zimmer zu finden. Doch nicht weit von der Fussgängerzone finde ich in der "Residencias La Cascada" ein Zimmer und der Parkplatz ist auch noch gleich im selben Gebäude. Weshalb das so ist, wird mir klar als die Señiora an der Reception fragt, ob ich das Zimmer für 4 Stunden oder die ganze Nacht will :-). Das Fernsehprogramm ist um einen nicht jugendfreien Kanal bereichert und das Bettgestell ist aus einem Stück betoniert - ohne Bicoflex-Lattenrost :-). Ich schlafe ja eh mit Gehörpfropfen und der Preis stimmt (wenn du alleine hier bist: 10'000 $, also weniger als 5 US$, dann aber ohne Sauna und Jacuzzi-Bad :-) - ein richtiges Wellnesshotel!
Bucaramanga ist die Provinzhauptstadt der Region Satander mit einer kleinen lebhaften Fussgängerzone in der Calle 35, die zwei schattige Plätze verbindet. Ein Stadtbus bringt mich in den Vorort Floridablanca, dort befindet sich ein kleiner sehenswürdiger Botanischer Garten mit bis zu armdicken Bambussen.

Früh verlasse ich mein "Wellnesshotel", denn heute will ich das "Rio Magdalena" Tal und einen Teil der Zentralkordilleren durchqueren. Dies wird eine der schönsten Fahrten. Zuerst führt mich die Strasse durch tropischen Regenwald und zwischen Bergketten hindurch, hinunter in die "Rio Magdalena" Ebene. Doch das breite Tal ist nicht flach, sondern auf unzähligen kleinen Hügel weiden Kühe auf sattgrünen Wiesen zwischen Palmen und Bambussen. Auf einer gut bewachten Brücke überquere ich bei Pto. Berrio den breiten "Rio Magdalena". Nun steigt die Strasse wieder an, die Zentralkordilleren erwarten mich. In dieser Traumlandschaft eingebetet sehe ich kleine liebevoll gebaute Haciendas und beobachte wie Kolumbianer auf ihren Pferden die Kühe von den Weiden in die Gatter treiben.
Nach so vielen Eindrücken und nach der anstrengenden Fahrt über die erste Gebirgskette der Zentralkordilleren brauche ich eine Pause und parke im Schatten von Bäumen. Doch dies scheint einer Motorradpatrouille verdächtig zu sein. Gleich fordert sie Verstärkung an und die Policia de carreteras überprüft mich und meinen Wagen. Ich habe nichts zu verbergen und die Kontrolle wird zu einer lustigen unterhaltsamen Aktion und am Schluss sitze ich auf dem Polizeimotorrad und alle grinsen :-).
Meine Fahrt geht weiter und am Abend vom 1. April 2005 erreiche ich die zweitgrösste Stadt Kolumbiens, Medellín. Es ist ein erhebendes Gefühl ins Zentrum der berüchtigsten Stadt der Welt hineinzufahren (meine "British Columbia" Nummernschildern verwirren alle hier ;-). Es ist kein einfaches Unterfangen, denn ich habe keinen Stadtplan (kann beim Fahren eh nicht draufschauen), die Einbahnstrassen, viele Menschen und der mörderische Verkehr sind eine Herausforderung. Ich parke meinen Wagen zentral in einem "Parqueadero" und suche zu Fuss eine "Residencia".
Medellín befindet sich in einem schmalen Tal zwischen Bergen und ist Industrie- und Modemetropole Kolumbiens. Ihre schlechte Reputation hat die moderne Stadt sicher auch durch das Drogenkartell von Pablo Escobar erhalten [Webseite Wikipedia: Pablo Escobar]. Doch ich erlebe die Stadt als sicheren Ort, dazu tragen sicher auch die vielen Polizeikräfte bei. Ich kann mich problemlos bewegen, denn wie überall in Kolumbien sind die Menschen sehr umgänglich und auch zugänglich. Natürlich gelten in einer Grossstadt auch noch andere Gesetze, aber dies ist überall so. Die Stadtteile mit Parkanlagen und modernen Gebäuden verbindet eine oberirdische Metrobahn. Auf verschiedenen Plätzen befinden sich Bronzefiguren des bekannten kolumbianischen Künstlers Fernando Botero. Tragisch wurde in den 90er Jahren seine Statue die Friedenstaube von der Guerrilla als Bombe missbraucht und der Anschlag hat viele Menschenleben gekostet.
Im Zentrum befindet sich auch die "Catedral Metropolitana", das grösste Bauwerk der Welt aus Ziegelsteinen. In der grossen Kathedrale befinden sich viele Menschen und trauern unter grosser Anteilnahme um den Tod von Papst Johannes Paul II.

Ich verlasse den Talkessel von Medellín und fahre über Hohenzüge der Zentralkordilleren weiter nach Süden. Links und rechts befinden sich tiefe Täler und die Aussicht ist berauschend. Später erreiche ich in La Pintada den Talboden des Rio Cauca. Nun folge ich dem Flusslauf durch ein ruhiges grünes idyllisches Tal mit seltsamen Kühen und Orangenbäumen. Eine kaum befahrene Traumstrasse! Alle wichtigen Verkehrsknoten wie Strassenkreuzungen, Brücken oder Tunnels werden vom Militär oder der Polizei bewacht oder kontrolliert. Keine Maus fährt hier ungesehen durch und wieder stoppt mich einmal die Policia de carreteras. Die Jungs sind äusserst freundlich und wollen einfach ein wenig Unterhaltung, die ich ihnen gerne biete ;-). Ich habe kein Problem mit Kontrollen - solange mich nur regulär Uniformierte stoppen, die ja nicht grundlos present sind.
Nicht nur Kontrollposten, sondern auch Peaje (Zahlstellen) bremsen von Zeit zu Zeit meine Fahrt. Die Zahlstellen sind auf allen Strassenabschnitten zu finden und etwa alle 30-60 km ist ein Wegzoll von rund 5'000 $ (etwas mehr als 2 US$) zu entrichten. Zusätzlich belastet die Reisekasse auch der zunehmende Oelverlust meines Wagens. Durch ein Leck im Kurbelwellengehäuse tropft nun stetig Oel. Bei langsamer Fahrt hinterlege ich eine feine Oelspur. Ich begleiche den Oelverlust mit billigem Oel aus Venezuela, doch der Vorrat neigt sich nun dem Ende zu.
Ich befinden mich nun in der Zone "La Cafetera". Die Lage dieser Gegend ist ideal für den Anbau von Kaffee. Die Kaffepflanzen (dunkelgrün) haben es nicht gerne zu heiss und mögen Schatten, den sie von Palmen erhalten. Im Norden dieser Region befindet sich auf einer Bergspitze auf über 2000 m die Stadt Manizales, mein heutiges Tagesziel. Die Stadt wurde schon mehrfach durch Erdbeben und Vulkanausbrüchen verwüstet. Die Kathedrale ist noch immer unvollendet und ihre Mauern sind aus rohem grauen Beton.
Rund eine Fahrstunde südlich und über ein Viaducto erreichbar befindet sich Pereira. Auch hier bleibe ich und lasse mir mal wieder die Haare kürzen (3000 $, weniger als 1.5 US$). Die beiden Coiffeusen haben ihren Spass an mir und geben mir die Adressen einiger interessanter Lokale (Taberna "El Ayer" und "La Espiga") und ihre Telephonnummern auch noch gleich dazu ;-).
Die dritte im Bunde der Städte im Norden des "Valle Cauca", der Kaffeeregion, ist die Kleinstadt Armenia. Unweit davon befindet sich in Montenegro der "Parque Nacional del Café". Ein Lern- und Vergnügungspark zugleich. Als Attraktion gefällt mir der Ciclón am Besten: eine Zentrifuge, die dir dein Blut aus dem Gehirn bläst :-))). Doch lerne ich auch etwas und sehe verschiedene Kaffeepflanzen aus aller Welt. Zwei nette Kolumbianerinnen führen mich in die Geheimnisse des Kaffees ein. Mit einem frisch geröstetem Sack Kaffee und vielen Glückwünschen verlasse ich am Abend den tollen Park.
[Webseite Parque Nacional del Café].
Bevor ich weiter nach Süden fahre, besuche ich noch das kleine Bergdorf Salento. Der Ort ist an Wochenenden ein beliebter Ausflugsort und vom Mirador hat man eine herrliche Übersicht über das Dorf. Bei guter Weitsicht kann man auch weit ins Tal schauen. Die Weitsicht ins Valle Cauca erhalte ich aber erst später bei meiner Weiterfahrt durch die Berge nach Sevilla. Immer wieder fahre ich an wunderschön gelegenen Fincas. vorbei. Ein Gebiet aber auch von Paramilitärs und Guerrilla und entsprechend stark ist die Anwesenheit der Policia, die mich nun bei jeder Gelegenheit überprüft.
Mein heutiges Ziel ist Bugalagrande im Talboden des Cauca-Tals. Dort will ich die beiden Kolumbianerinnen, die ich in Venezuela kennengelernt habe, besuchen. Ich habe nur eine unvollständige Adresse, doch finde ich schnell Kontakt im Dorf und die Männer die gerade im "La Oficina" ihr Bier trinken, helfen mir gerne bei der Suche. Schliesslich treffe ich eine "Prima" (Cousine) von Maria Elena und ich erfahre, dass sie in Spanien ist und auf Lanzarote arbeitet. Verständlich - denn im kleinen Nest gibt es zwar eine Nestlé-Fabrik, aber ausser der Landwirtschaft sonst nicht viel zu tun. Naja - Pech gehabt, aber die Suche war spannend und nun kennt mich das halbe Dorf. Ich verbringe die Nacht mit viel Freibier und den geselligen Kolumbianern. Spät noch quetschen sich vier stämmige Männer in meinen kleinen Wagen und wir fahren in die Freiluft-Discoteca. - Am nächsten Tag lässt Felipe der Wirt vom "La Oficina" zum Abschied noch schnell für mich kochen bevor ich wieder auf die Strasse zurückkehre.
Ich überquere den "Rio Cauca" und erreiche nach kurzer Fahrzeit die Westkordilleren mit der Stadt Cali am Fusse der Ostflanken. Es ist Sonntag der 10. April 2005 und die meisten Geschäfte sind geschlossen und auf den Strassen wenig Verkehr. Ideal um nahe vom Zentrum eine "Residencia" zu suchen. Auch befinden sich wenig Menschen in den Strassen, dafür lassen die Obdachlosen ein Gefühl von Unsicherheit aufkommen. - Am nächsten Tag sind die Strassen wieder gefüllt und ich mache einen Rundgang durch das relativ kleine Zentrum der grossen Stadt. Innerhalb weniger Strassenblocks befinden sich La Ermita, das Kloster San Francisco und die weisse La Merced. Vom etwas weiter entferntem Hügel "San Antonio" überblicke ich die Skyline von Cali.
Die Stadt ist bekannt für "Rumba": Musik, Tanz und schöne exotische Frauen - was ich nur bestätigen kann. Vorallem am Wochenende wird an der Avenida 6 in luftigen Diskotheken geflirtet und getanzt bis sich die Balken biegen - auch das ist Kolumbien!
Doch bis zum Wochenende sind es noch ein paar Tage und solange will ich nicht in der Stadt rumhängen. Als logische Weiterfolge meiner Reise wäre nun Popayán das nächste Ziel. Die von indogenem Einfluss geprägte Stadt liegt in den Bergen zwischen den Kordilleren in Richtung Ecuador. Ungern verlasse ich schon das heisse Cauca-Tal und fahre deshalb ein Stück zurück in die kleine koloniale Stadt Buga. Die Kleinstadt ist auch ein Wallfahrtsort, da in der Basilika der "El Señor de los Milagros" Wunder vollbringen kann. Hier verbringe ich gerne meine Zeit, denn der Ort ist überschaubar und das lebhafte Treiben in den Strassen bietet gute Unterhaltung. So entdecke ich in den Strassen einen Chiva, den offenen kolumbianischen Bus der Anden. Und die süssen kleinen Jeeps, die als Transportmittel zu den abgelegensten Orte benutzt werden. Überrascht hat mich dann auch der moderne Sportunterricht mit Inline-Skates.
Während ich mit einer netten Begleitung ein Bierchen trinke, fahren mehrere Militärlastwagen mit bewaffneten Soldaten vorbei. Am nächsten Tag fliegen Militärhelikopter über die Stadt. Durch die Fernsehnachrichten erfahre ich, dass nur einige Dörfer südlich die Guerrilla (FARC) den Ort Toribio überfallen hat und mit der Policia während rund sechs Stunden ein Gefecht geliefert hat. Dadurch wird mir wieder bewusst, dass ich mich in einem Kriesen-/Kriegsgebiet aufhalte.
Die Polizei ist besonders aktiv und das ich spüre bald gleich selber. Nachdem ich meinen Wagen aus dem "Parqueadero" geholt und vor der "Residenica" parkiert habe, sehe ich wie zwei Polizisten verunsichert auf die Nummernschilder schauen. Ich lächle nur und schenke den beiden keine grosse Beachtung - ein Fehler wie ich schnell feststellen muss! Der Wirt meiner Unterkunft hilft mir am Markt eine aktuelle kolumbianische Musik-VCD zu kaufen. Als wir zurückkommen bleibt mir fast das Herz stehen - mein Wagen ist spurlos verschwunden! Nur noch der bekannte Oelfleck ist auf der Strasse zu sehen. Die Anwohner helfen mir weiter - ich soll mit dem Taxi zum Polizeikommando fahren. Dort angekommen sehe ich den Wagen auch schon und bald bin ich von einer grossen Zahl Polizisten umringt. Natürlich wollen sie alle meine Papier sehen und ich beginne wieder mein üblicher Smaltalk mit den Polizisten. Das Interesse an mir ist gross und ich beantworte gerne alle Fragen und es gibt wieder viel zu lachen. Ich erkläre den Jungs, dass ich ab und zu im Wagen schlafe, aber nicht in Kolumbien: "Colombia es peligroso!" (Kolumbien ist gefährlich! Alle lachen :-)! Ich erkundige mich nach der Sicherheit und erfahre, dass die Hauptverbindungstrassen nach Süden sicher sind. Ich höre aber auch, dass letzte Nacht ein 10-jähriges Kind und zwei Polizisten erschossen wurden! Nach dem obligaten Gruppenfoto mit den Polizisten öffnet sich die Barriere und ich fahre mit abgelaufenen Pneus und abgebrochenem Auspuff mit ohrenbetäubendem Lärm davon :-).

Die Strasse führt mich durch Zuckerrohrplantagen bis an das südliche Ende das Cauca-Tals, wo die Zentral- und die Westkordilleren aufeinandertreffen. Dort befindet sich auf einer Hochebene die koloniale Stadt Popayán Der Empfang hier ist optimal, bei der Parkplatzsuche werde ich gleich wieder von einer vierköpfigen Polizei-Patrouille umringt. Das gleiche Spiel beginnt von neuem. Nur setzt sich der Chef nun auf meinen Beifahrersitz und untersucht das Handschuhfach. Schliesslich setzt er sich mit ernster Miene meine Sonnenbrille auf und mustert sich im Spiegel! - Ich muss das Lachen unterdrücken :-). Die ganze Sache dauert und dauert; die Polizisten hier haben viel Zeit - sehr viel Zeit!
Ich muss Anfügen, dass bisher noch kein kolumbianischer Polizist ein "Regalo" (Geschenk = Geld) von mir verlangte, im Gegenteil ich erhalte immer Ratschläge. Unteranderem, dass ich mich wieder einmal in einem gefährliche Quartier aufhalte, doch dies sind für mich genau die interessanten Quartiere. Mein Auge und Instinkt sind unterdessen auf solche Situationen trainiert.
Nachdem die Kontrolle vorbei ist, habe ich Zeit für einen ersten Rundgang durch die beeindruckend schöne Stadt mit ihren Kirchen und Plätzen. Über diese alte Brücke soll schon Simon Bolivar gelaufen sein. Popayán wird zu recht auch als weisse Stadt bezeichnet. Am Stadtrand befindet sich ein Hügel, der aber eigentlich eine prekolumbianische Pyramide ist! Von dort oben hat man eine herrliche Aussicht auf die Stadt und die Kordilleren.
Die Menschen, die Natur und das Klima sind wie von Gott erschaffen...
Es ist Sonntag und die meisten Geschäfte sind geschlossen, die Stadt ruht sich aus. Auch der Strassenverkehr ist ruhiger als normal und das ist ideal um weiter nach Süden in die Berge zu fahren.
Eigentlich wollte ich nie bis hinunter nach Ecuador fahren, aber ich kann meinen Wagen hier in Kolumbien nicht verkaufen. Ein Gesetz verbietet es Gebrauchtwagen, die älter als ein Jahr alt sind, in Kolumbien zu importieren. Damit will sich das Land auch vor dem illegalen Import gestohlener Wagen aus Ecuador und Venezuela schützen.
Während der Reise durch das wilde Rio Patia Tal werde ich mit einer atemberaubenden Landschaft reichlich belohnt. Ich kann mich nicht sattsehen an den schroffen Westkordilleren. Schliesslich sind die West-/Zentral- und Ostkordilleren ganz vereint und die einsame Strasse führt mich vorbei an kargen wilden Tälern. Die Strasse steigt weiter an und die Landschaft wird wieder grün und schliesslich erreiche ich Pasto. Die Hauptstadt von Nariño liegt am Fusse eines Vulkans. Die Provinz Nariño verbindet den Amazonas mit dem Pazifik. Die Region macht oft Negativschlagzeilen, da auch Drogen für Westamerika durchgeschleust werden. Nun muss ich mich wieder an die Kälte gewöhnen, hier auf über 2500 m wird es nachts schon empfindlich kühl und die Kaltwasser-Douchen sind nun noch kälter...
Weiter geht die muntere Fahrt durch rauschende Täler und vorbei an idyllische Plätzen. Der indogene Einfluss ist immer stärker zu sehen und auch die Gesichter der Menschen sind ernster geworden. Schliessliche erreiche ich Ipiales, den Grenzort zu Ecuador. Unweit entfernt befindet sich im kleinen Dorf Las Lajas ein ausserordentliches kirchliches Gebäude. Meist befindet sich ein Gotteshaus am höchsten Punkt im Ort, aber in Las Lajas ist genau das Gegenteil der Fall. Tief in einer Schlucht trägt eine Brücke eine Kathedrale! Die Santuario de Las Lajas ist ein beeindruckendes Bauwerk an einem speziellen Ort. Neben Lourdes gehört die "Virgen de Las Lajas" zu den Wallfahrtsorten mit wundersamen Kräften. Davon zeugen auch die von unzähligen Pilgern aus Kolumbien und Ecuador an die Felswände angebrachten Dankestafeln.

Nun heisst es aber Abschied nehmen und mit Schwermut verlasse ich das grossartige Land Colombia. Gerne wäre ich länger geblieben, doch dazu benötige ich eine Aufgabe - sprich Arbeit. Doch ich komme zurück - ganz bestimmt!
Am 19. April 2005 überquere ich die Grenzbrücke die Colombia mit Ecuador verbindet -> ECUADOR.

VENEZUELA

Nach einer problemlosen Immigration, Dank dem Konsulatbesuch, fahre ich mehrere Kilometer und passiere sogar eine Zahlstelle, ohne dass ich ein Zollgebäude sehen kann. Ich muss unbedingt meinen Wagen legal einführen, sonst bin ich in Teufelsküche. Endlich stehe ich vor einem modernen Gebäude. Dort scheint zuerst alles gut zu gehen, bis dann der Beamte eine Wagenversicherung sehen will. Ohne Versicherung keine Zollpapiere, aber eine Versicherung kann ich hier nicht kaufen! Dies ist genau mein Alptraum, zwischen zwei Grenzen hängenzubleiben! Der Beamte zeigt die ganze Zeit auf die Versicherung aus Nordamerika, diese ist abgelaufen (hier sowiso ungültig). Der Beamte will einfach eine Versicherungspolice sehe und mir kommt der rettende Einfall. Die "Seguro" die ich in Kolumbien abgeschlossen habe, ist noch bis Ende des Monats gültig (aber ob die Versicherung Schäden in Venezuela deckt bezweifle ich). Der Beamte akzeptiert das Dokument und ich erhalte die wichtigen Zollpapiere. Weitere Details zum Grenzübertritt:
  1. Colombia: Auf dem Konsulat von Venezuela in Riohacha ein Visum einholen (Tarjeta de Ingreso) (Riohacha)
  2. Colombia Grenze bei Maicao: DIAN Zollpapier abgeben (Paraguachon, Gebäude 1)
  3. Colombia: Immigration abmelden (Pass wird bedruckt und ein Passfoto wird noch gemacht) (Paraguachon, Gebäude 2)
  4. Colombia: Pesos in Bolivares wechseln (1US$ etwa 2000 Bs.) (Paraguachon, Fliegende Geldwechsler)
    Hinweis: Der Bankomat beim Zoll in Venezuela trägt zwar das MAESTRO/VISA-Logo, kann aber keine Verbindung nach Europa herstellen!
  5. Venezuela: Immigration 90 Tage aufgrund dem Visum schnell erledigt (Paraguachon, Gebäude 3)
  6. Venezuela: Peaje (Zahlstelle 500 Bs. passieren und etwa 10 Minuten fahren)
  7. Venezuela: Zollpapier erstellen und Wagen wird im Pass eingetragen (SENIAT Aduana, Gebäude 4)
    Achtung: Unbedingt Wagenversicherung-Police nötig!
  8. Venezuela: Pass und Zollpapier an Grenzposten zeigen
    Der Wageninhalt wird zwar nicht kontrolliert, doch müssen alle über eine Wagengrube fahren
  9. Venezuela: Später sind dann diverse mobile Polizeikontrollen zu passieren
Ich werde an allen Kontrollen vorbeigewunken, bis mich dann doch ein Beamter der "Policia Transito" fragt wohin ich fahre und mich dann zur Seite winkt. Ein schlechtes Zeichen, denn normaler Weise muss ich die Fahrspur bei einer Kontrolle nicht verlassen. Es kommen weitere Beamte hinzu und einer klopft an die Beifahrertüre. Nun zerlegen sie meine Wagen, denke ich... Alle Beamten drängen sich zur Türe und wollen einsteigen, doch meine leeren Wasserkanister (die will ich später mit Benzin füllen) und die Matraze (noch von dem Segelschiff Wingarra) versperren den Platz. Nun setzt sich ein Polizist neben mich und sagt ich solle losfahren! Langsam verstehe ich was los ist. Schichtwechsel am Kontrollposten und die Polizisten wollen nach Hause fahren :-). Eine lustige Fahrt beginnt. Gerardo, so heisst mein Beifahrer gefällt meine Musik. Nun habe ich an keinem Kontrollposten mehr Probleme. Auch ändere ich meinen Fahrstil nicht, überholen wenn es möglich ist und nicht wenn doppelte Sicherheitslinien es verbieten. Kein Problem, schliesslich will auch der Polizist schnell nach Hause. Doch so schnell geht das nicht, er will dass ich bei einem Likörladen stoppe und dort holt er sich zwei Bier und mir eine Cola. Er fragt, ob ich kein Bier trinke. Nein nicht, sage ich, solange ich unterwegs bin. Keine gute Idee bei dem turbulentem Verkehr und bei dieser Hitze beim Fahren Bier zu trinken. Doch auch dies stört den Polizisten nicht, denn später lässt er mich noch einmal stoppen und diesesmal bringt er auch mir ein Bier! So fahre ich also mit einem Polizisten als Beifahrer und wir beide haben eine Bierflasche in der Hand :-). Bei jeder Polizeikontrolle ruft er seinen Kollegen zu, dass er mit "Marco de Suiza" unterwegs sei und alle grinsen...
Schliesslich erreichen wir Maracaibo und ich verabschiede mich mitten im Strassenverkehr von Gerardo.
Maracaibo ist nach Caracas die zweitgrösste Stadt Venezuelas und eine Erdölmetropole. Auf dem See von Maracaibo kann ich dann auch die Erdöltanker beobachten wie sie hinaus zum Golf von Venezuela fahren. Auf die andere Seite des See gelangt man über eine 8 km lange Brücke. Dies ist die längste vorgespannte Brücke der Welt. Nirgends auf der Welt ist das Benzin so günstig wie in Venezuela. Ein Liter Benzin kostet mit oder ohne Blei nur 70 oder 97 Bolivares. Dies entspricht einem Preis von weniger als 0.05 US$ pro Liter!!! Kein Wunder fahren auf den Strassen noch grosse amerikanische Benzinschlucker. Diese Wagen werden auch als Sammeltaxis eingesetzt, den sogenannten "Pro Puesto". Diese halten auf Verlangen und die Gäste drängen sich auf den breiten Rücksitz. Ein-/ausgestiegen wir immer von rechts, wenn also derjenige ganz links raus will, müssen zuerst alle anderen aussteigen. Die Fahrt kostet nur 500 Bs. (etwa 0.25 US$). Ein solcher alter "Strassenkreuzer" bringt mich dann auch in die Altstadt. Dort fällt mir nach den hüpschen Frauen gleich auch die überdimensionale Marienstatue auf. Unweit davon befindet sich eine Basilica und noch nie habe ich solch reich verzierte Kirchenbänke gesehen. Gleich vor der Kirche verkauft einer Popkorn mit seiner originellen Maschine. Der muss nur schauen, dass er nicht gleich auch seine Ware abfackelt ;-). Als die Eisverkäufer sehen, dass ich ein Bild vom Popkornverkäufer gemacht habe, wollen sie auch auf ein Photo :-).
Als ich die Stadt wieder verlasse, zeigt der Kilometerstand meines Toyotas 221'000 km an, ich habe also nun 27'000 Strassenkilometer zurückgelegt. Jetzt macht sich eine Abnutzungserscheinung bemerkbar, denn ich höre die vorderen Bremsen kratzen. Daher muss ich bald einmal bei einer Strassenwerkstatt die Bremsbelege wechseln. Desweiteren muss ich eine Entscheidung treffen, denn ich kann nicht mehr alle Strassen in Venezuela benutzen. Schwere Regenfälle haben Erdrutsche ausgelöst, grosse Landesteile überschwemmt und Brücken zerstört. Das hat viele Menschenleben gekostet und in einigen Provinzen herrscht Notstand. Davon ist die Küste, wie auch die Bergregion bei Merida betroffen.
Ich fahre also nicht nach Merida und erreiche dann am gleichen Tag Trujillo. Die Kleinstadt liegt am Hang und eine Strasse führt nach oben und eine nach unten. Wieder ein Ort genau nach meinem Geschmack. Schnell sind die interessanten Plätze erkundet ich fühle mich gut in meinem temporären zu Hause und komme mit Leuten ins Gespräch. Ich bin wieder einmal der einzige Tourist. Simon Bolivar der Befreier vieler Länder in Südamerika hat hier auch eine kurze Zeit gelebt. Hoch über der Stadt wacht eine gigantische Marienstatue über das Geschehen der kleinen Stadt. Die Virgen de la Paz ist 47 m hoch und zugleich eine Aussichtsplattform. Ein Lift und Treppen bringen dich hinauf und du kannst sogar durch die Augenöffnungen hinab ins Tal schauen und auf der anderen Seite ist der Umriss des "Lago de Maracaibo" zu erkennen.
Bevor ich über die Berge weiterfahre, will ich zuerst die Bremsen noch in Ordnung bringen. Es ist zwar Sonntag, aber irgendwo arbeitet immer ein Mechaniker. Nur muss ich zuerst noch selber das Material besorgen und ich habe Glück. Der kleine Autoladen hat nur ein paar wenige Schachteln mit Bremsbelägen und sogar die passenden für meinen Toyota Tercel (35'000 Bs. etwa 18 US$). Wieder einmal bin ich froh den richtigen Wagen für diese Reise gekauft zu haben! Juan wechselt dann rasch gleich am Strassenrand die Bremsbeläge (15'000 Bs. etwa 8 US$).
Vor der Weiterfahrt fülle ich noch den Tank und dabei bleibt die Anzeige auf 4'000 Bs. stehen, dass sind nur 2 US$ für 42 Liter Benzin! Da macht doch das Fahren gleich doppelt Spass. Auf den Strassen sind deshalb auch Fahrzeuge aller Generationen zu sehen. Venezuela ist für mich auch eine Reise durch die Zeit des Automobilbaus. Ich sehe viele Fahrzeuge die ich selber auch mal gefahren bin. Besonders gut gefallen hat mir dann dieser 60er Jahre Dodge. Der gelbe Schlitten ist nachts als Taxi unterwegs und die breite Rückbank bietet viel Platz für verliebte Pärchen :-).
Leider befinden sich auch Fahrzeuge auf der Strasse die dort nicht mehr hingehören und die Luft wird durch ungereinigte Abgase verpestet. Auch an den Tankstellen tropft das billige Benzin einfach auf den Boden und dort riecht es dann entsprechend.
Eine kurvenreiche abwechslungsreiche Fahrt über Berge, durch Regenwald und zuletzt Savanne bringt mich von Trujillo via Guanara weiter nach San Carlos. Am nächsten Tag, am 21. Februrar 2005 fahre ich durch Caracas, die Hauptstadt Venezuelas. Auf der Suche nach dem internationalen Flughafen "Simon Bolivar" lande ich im Küstenort mit dem klangvollen Namen Catia la Mar.
Ich habe vor ein paar Tagen einen Flug nach Cuba gebucht. Meine Eltern möchten mich auch gerne wieder mal sehen und so treffen wir uns in Cuba! Am 24. Februar 2005 werde ich nach Havana fliegen und von dort meine Eltern in einem Resort in Varadero suchen gehen. Nach ein paar erholsamen Tagen am Strand wollen wir dann gemeinsam mit einem Mietwagen die Insel erkunden.
Nun muss ich aber zuerst für mehr als 2 Wochen einen sicheren Parkplatz für meinen Wagen finden. Am Flughafen würde ich ruinöse 24'000 Bs. (etwa 12 US$) pro Tag bezahlen! In "Catia la Mar" finde ich auf dem Hinterhof einer Garage gegenüber dem Feuerwehrmagazin eine Parkmöglichkleit. Ich miete den Platz gleich für einen Monat, denn dies ist klar günstiger als eine Tagesmiete. Die Monatsmiete kostet mich 57'000 Bs. etwa 29 US$. Leider finde ich aber in "Catia la Mar" kein Hotel in meiner Preisklasse und so kommt meine Schiffsmatratze wieder einmal zum Einsatz. Ramon der 24h Parkwächter schaut dann schon, dass ich sicher schlafen kann :-).
Am nächsten Tag bringt mich ein Kleinbus zurück nach Caracas zur Metrostation "Gato Negro". Caracas hat ein ausgezeichnetes Metrosystem und schnell sind damit die verschiedensten Plätze erreicht. Die Stadt ist gar nicht so übel wie ihr schlechter Ruf. Natürlich erscheinen einige heruntergekommene Hochhäuser und Bauruinen oder die komplett verbauten Hügel im Süden der Stadt nicht gerade einladend. Auch die verkehrsreichen Autobahnen mitten durch die Stadt und der entsprechende Lärm ist zuerst mal gewöhnungsbedürftig. Leider ist davon auch der Botanische Garten betroffen und ein Spaziergang ist nicht gerade erholsam, aber die grossen Palmen sind doch sehenswert. Im Bezirk "Sabana Grande" hat es eine lange Fussgängerzone mit vielen Geschäften, Markständen und Restaurants. Was die Sicherheit angeht, versuche ich einfach zur richtigen Tageszeit im rechten Stadtviertel aufzuhalten ;-).

Nach zwei Tagen in der Hauptstadt verlasse ich Venezuela für zwei Wochen und fliege mit "Copa Airline" via Panama City nach Cuba -> CUBA.


VENEZUELA PART 2

Nach meinem Kurzbesuch in Cuba kehre ich am 10. März 2005 in die freie Welt zurück. Ich geniesse es endlich wieder freien Zugang zu allen Waren, den Medien und dem Internet zu haben.
Nach einer Nacht im Wagen auf dem gemieteten Parkplatz in der Anflugschneise des Flughafens von Caracas (ich schlafe bereits seit Monaten nur noch mit Gehörpfrofen) setze ich meine Reise nach Süden fort. Während der mehr als einstündigen Fahrt durch die Hauptstadt Venezuelas hole ich mir beinahe eine Abgasvergiftung und meine Augen brennen.
Endlich kann ich weiter der Küste entlangfahren und erreiche am Abend Barcelona. Mitten in der kolonialen Stadt befindet sich eine lebhafte grosse Fussgängerzone. Doch bereits um 20 Uhr werden alle Geschäfte mit schweren Eisentoren verschlossen und Polizisten mit schwarzen Wollmützen patroulieren mit Geländemotorrädern und Maschinengewehren. Irgendwie haben die Leute hier alle panische Angst vor Überfällen, doch ich fühle mich sehr sicher, obwohl ich wieder einmal der einzige Ausländer mit heller Haut bin (die ist unterdessen auch schon dunkler geworden :-).
Am nächsten Tag fahre ich via Puerto La Cruz weiter an die "Costa Azul". Hier befinden sich in grossen und kleinen Buchten die Traumstrände Venezuelas. Im kleinen Fischerort Santa Fé finde ich gleich hinter dem Fischmarkt im "Posada Santa Fe" eine Bleibe für die Nacht. Das Zimmer ist sehr basic, aber alles ist vorhanden und die Douche gefällt mir wieder ganz gut (unterdessen weiss ich wie man ein sparsames Haus bauen kann :-). Kein Tourist getraut sich bei Nacht hierher und ich erlebe einen lauten Samstagabend. Doch vorher relaxe ich noch am kleinen Sandstrand.
Mein Zimmer befindet sich nur ein paar Schritte hinter der Bar, die sich am Abend mit immer mehr Menschen füllt. Alle schauen Video-CD's in maximaler Lautstärke von latinamerikanischen Interpreten und trinken Light-Bier dazu (700Bs. sind etwa 0.35 US$). Auch die venezuelanischen Schönheiten fehlen nicht und einige sind oben nur mit einem knappen Bikini bekleidet. Langsam tauen sie auf, die sonst so verschlossenen Venezuelaner. Und auf einmal zahlen sie mir sogar mein Bier, obwohl ich wie die meisten hier nur stumm vor dem Fernseher sitze und mein Bierchen schlürfe. Ich bedanke mich dafür mit meinen Zigarillos, die grosse Aufmerksamkeit erwecken und ehrfürchtig nur bis zur Hälfte geraucht werden.
Mein Sonntagsauflug führt mich auf der fantastischen kurvenreichen Küstenstrasse entlang zum kleinen und grossen Ferienort Mochima und Comaná. Aber erst gegen Abend kann ich an den Strand, denn die Sonne brennt unerbärmlich heiss. So heiss, dass mir während der Mittagszeit die Sonnenstrahlen auf der Haut schmerzen und sich an meinem Wagen die Abziehbilder ablösen. Aber so richtig ins Schwitzen komme ich am nächsten Tag, als ich die Küste verlasse und in den Süden in Richtung Guayana fahre.
Ich bin schon mehr als eine Stunde durch eine schattenlose Steppe unterwegs und bachnass, als plötzlich der Motor zu stottern beginnt. Bereits verfluche ich den Tankwart, der mir während einem unaufmerksamen Moment billigstes 91er Bleibezin in den Tank füllte. Da muss ich durch und den Tank leerfahren, denke ich. Als ich nach einigen unruhigen Fahrstunden den Tank neu füllen lasse und weiterfahre, ändert dies aber an meiner Lage nichts. So erreiche mit einem leistungsschwachen Motor die Provinzhauptstadt Ciudad Bolivar. Nun habe ich einen anderen Verdacht und muss aber zuerst einen Zündkerzenschlüssel organisieren. Mit dem Werkzeug entferne ich die Zündkerzen und siehe da, die Elektrode vom 3. Zylinder ist weggeschmolzen! Die Bosch-Zündkerzen habe ich doch erst vor ein paar tausend Kilometern in Guatemala wechseln lassen. Nun ist es eine kleine Sache die Zündkerze zu tauschen und der unzerstörbare Toyotamotor läuft wieder absolut perfekt. Ich bin also mehrere hundert Kilometer mit nur 3 statt 4 Zylindern gefahren! Nun kann also die Fahrt in den Amazonas weitergehen...
Die kleine Stadt Ciudad Bolivar südlich des Orinoco Flusses hat eine schöne Uferpromenade und gegenüber reihen sich unter hohen Balkonen moderne Geschäfte. Doch leider leeren sich nach Ladenschluss ab 19:00 Uhr die Strassen und das Zentrum wird zu einer Geisterstadt. Der Ort ist Ausgangspunkt vieler Touren zum "Canaima Nationalpark". Dort befindet sich auch der "Angel Fall". Der fast 1000 m hohe Wasserfall ist der längste der Welt. Zu dieser Jahreszeit ist der gewaltige Wasserfall aber mit dem Boot wegen dem Niedrigwasser kaum zu erreichen und ein Überflug mit einem Kleinflugzeug ist mir zu teuer. Eine weitere mehrtägige Tour führt zum "Tafelberg Roraima" an die Grenze Guayanas. Ich entscheide mich für eine selbständige Fahrt in die "Gran Sabana" hinunter an die Grenze Brasiliens...
Mit einem neuen Ziel vor Augen, fahre ich durch die grosse Stadt "Ciudad Guayana" und erreiche nach sechs Fahrstunden den Goldgräberort El Dorado, "die Vergoldete". Am Abend sehe ich dann auch die Goldgräber, wie sie mit rot-brauner Erde verstaubten Kleidern und der Schaufel in der Hand ins Dorf zurückkehren. Die Steinmühlen der Goldgräber haben das Wasser des nahen Flusses braun gefärbt. Das gleiche braune Wasser finde ich auch in einem grossen Fass in meinem Badezimmer. Es gibt kein fliessendes Wasser und mit einem kleinen Kessel schöpfe ich das Wasser zum Waschen, Duschen und auch für die WC-Spülung. Schwarz dagegen sind die "Cucarachas" die in alle Richtungen verschwinden, als ich das Licht im Badezimmer einschalte. Die grossen Kakerlaken sind aber sehr dumm, eine versucht im Abfallkübel zu fliehen und dreht dort ihre Runden im Kreis, eine andere steckt einfach ihren Kopf in ein Loch in der Wand und fühlt sich so sicher in der Dunkelheit. Naja, heute Nacht bin ich mal nicht alleine :-), aber das Licht im Badezimmer lass ich mal brennen...
Von meinem "Hotel El Dorado" sehe ich ein berüchtiges Gefängnis in der Mitte des Flusses. Bekannt geworden ist der Ort im 2. Weltkrieg durch den Namen "Papillon".
Ich habe zum Glück einen Wagen und kann jederzeit fliehen und dann beginnt sie auch schon "die grüne Hölle" jeden Ausbrechers. Wie durch einen hohen grünen Tunnel fahre ich durch den dichten Regenwald weiter nach Süden.
Ab dem Kilometer 88 nach "El Dorado" steigt die Strasse an und endlich erreiche ich die "Gran Sabana", die grosse Savanne. Wau, bin ich bis Afrika gefahren? - Vor mir liegt eine weite Ebene und es ist unglaublich ruhig. Ein starkes Gefühl von Ruhe und Freiheit spüre ich hier. Am Horizont erkenne ich die Tafelberge mit parabelförmigen Flanken und flachen Gipfeln, die sich aber heute geheimnisvoll hinter Wolken verbergen. Die markanten Berge ragen wie Tische für Riesen aus dem Boden. Die Savanne verändert sich laufend während meiner Fahrt, die mich nahe an die Grenze zu Guayana bringt und vorbei an Wasserfällen und Palmenfeldern führt.
Nach der eindrücklichen Reise verlasse ich die Hochebene und erreiche am 17. März 2005 den Grenzort Santa Elena de Uairen. Der temperamentvolle Einfluss Brasiliens ist gut zu spüren und an den Tankstellen hat sich eine gewaltige Wagenkolonne mit Fahrzeugen aus dem nahen Boa Vista, Brasilien gebildet.

Ich haben nun seit dem Beginn meiner Fahrt am 1. August 2004 rund 30'000 Strassenkilometer zurückgelegt (ohne die rund 1000 km auf Cuba mitzurechnen). Bis zur Grenze nach Brasilien sind es nur noch 16 km und von dort noch etwa 1000 km bis nach Manaus am Rio Amazonas. Von dort führt die 5000 km lange Transamazonica bis an die Atlantikküste Brasiliens. Doch während der Regenzeit ist die Strasse durch den Regenwald für mich nicht passierbar, aber ich kann den Wagen auf einem Schiff den Amazonas hinunterschicken. Sonst gibt es keine weiteren Strassen. Dies war eigentlich mein Plan. Doch ich kann nicht weiterreisen - ohne das Herz Kolumbiens besucht zu haben! Daran sind sicher auch die beiden Kolumbianerinnen schuld, die ich in der Nacht vor dem Abflug nach Cuba, kennengelernt habe.
Ich treffe eine wichtige Entscheidung und fahre nun einige tausend Kilometer zurück durch die Anden mit neuen Zielen vor Augen: Merida, Medellin und Calí.

Nun fahre ich zum ersten Mal in Richtung Norden zurück. Und ich habe grosses Glück, denn ich sehe diesesmal die Tafelberge in einer ganz mystischen Wolkenstimmung.
Als ich wieder den Fluss bei "El Dorado" passiere, will ich die alte überwachsene Hängebrücke fotographieren und sehe dabei am Flussufer eine grosse Schweizer- und Kanadafahne. Das passt ja zu mir, denke ich, da gehe ich doch mal auf einen Schwatz vorbei. So lerne ich Bruno, einen alten Haudegen aus der Innerschweiz kennen. Er ist bereits mehr als 30 Jahre in Venezuela und hat es bis zum Oberst in der Armee gebracht. Diese Stellung hat ihm dann Tor und Tür geöffnet - sein Einfluss ist noch heute zu spüren. Bei meinem Besuch bringt gerade ein Polizeiwagen Getränke für seine Bar. Nun muss auch ich keine Furcht vor der "Policia" oder "Guardia Nacional" zu haben ;-).
Bei den Goldgräbern wird das Recht mit den Waffen verteidigt. Auf Brunos Land gelten seine Gesetze und er hat schon zwei Diebe erschossen und in den nahen Fluss geworden. Bruno zeigt mir seine Goldmiene und ich sehe zum ersten Mal in meinem Leben eine richtige Goldader! Nun will er die kleine Miene modernisieren und ich als Ingenieur könnte ihm doch dabei helfen. Das wäre für mich schon eine Herausforderung eine Goldmiene zu automatisieren! Doch der Ort hier ist mir doch zu abgelegen...

Nach der Weiterfahrt über eine unebene löchrige, aber geteerte Strassen höre ich auf einmal ein Schleifgeräusch unter meinem Wagen. Ohje, jetzt ist er doch abgebrochen, der Auspuff hat ja bereits seit Honduras ein riesiges Loch. Doch nicht der Auspuff, sondern ein Verbindungsrohr zwischen dem Katalysator und dem Motor hängt am Boden. Naja, einen Abgastest kannst du hier ja eh vergessen und ich entferne das Rohr. Der Motor läuft genau gleich weiter, obwohl nun auch noch ein bischen lauter als vorher :-).

In der "Semana Santa", der Osterwoche sind viele Venezuelaner unterwegs in die Ferien. Die Polizei- und Militärkräfte kontrollieren die Strassen strenger und öfters als normal. So gerate ich innerhalb von weniger als einem Kilometer in eine Kontrolle der "Policia Nacional" und der "Policia Provincial". Nach einer Kontrolle der "Guardia Nacional" und der "Guardia Civil" hält mich auch noch ein Ortspolizist an. Zwei Polizisten der "Policia Provincial" kontrollieren alle meine Papiere und behaupten plötzlich, dass ich gar keine Bewilligung hätte, um nach Merida zu fahren. "Ich verstehe nicht", antworte ich, "meine Papiere sind in Ordnung!" Die Wagenpapier schon, erklären sie mir, aber ich selber benötige eine Bewilligung und das koste 300'000 Bs. (etwa 150 US$). Wenn ich nicht kooperiere müsse ich zurück zur Immigration und das dauert drei Tage! "No entiendo", ich verstehe nicht, antworte ich immer wieder und immer wieder höre ich die gleiche Erklärung. Wir lamentieren fast eine Stunde lang an der heissen Sonne. Mein Puls schlägt nun ziemlich hoch und ich drohe dem Oberst der "Guardia Nacional" anzurufen und zeige die Telephonnummer. Auf einmal ist ein Polizist verschwunden und der andere fragt mich, wieviel ich bezahlen will. Nun beginne ich zu jammern und erkläre, dass ich kein Geld habe und meist nur im Wagen schlafe ;-). Nun verliert auch der Polizist seine Geduld und er winkt mich endlich fort. Mann - das war knapp, denke ich, denn meine kolumbianische Wagenversicherung ist längst abgelaufen und damit hätten sie mich festnageln können! Es ist wieder Ende Monat und die Polizeikräfte versuchen ihren Gehalt aufzubessern.
Nach drei Tagesreisen mit unzähligen Kontrollen und einer Fahrt über einen 3500 m hohen Pass erreiche ich die Provinzstadt Mérida, im Westen Venezuelas. Die koloniale Stadt in den Anden ist ein beliebter Ferienort und viele Studenten aus ganz Südamerika besuchen die Universitäten. Entsprechend ist auch was los. Hauptattraktion ist die höchste Gondelbahn der Welt. Die Seilbahn führt über vier Teilstücke hinauf auf 4'765 m zum "Pico Espejo" (42'000 Bs. etwa 21 US$). Die ganze Fahrt, mit einer herrlichen Aussicht auf Merida, dauert mehr als eine Stunde und ganz oben ist die Luft ganz schön dünn! Bei der Gondelfahrt lerne ich Damien aus Texas kennen und wir unternehmen eine kleine Wanderung zu den beiden Seen auf rund 4'000 m.
[Webseite Teleferico de Merida]
An den Ostertagen tragen viele Menschen purpur farbene Büssergewänder. Während Prozessionen wird eine schwere grosse Jesusfigur durch die Stadt getragen. Im "Hostal Francys" (nur 10'000 Bs. etwa 5 US$) finde ich ein kleines aber feines sauberes Zimmer. Ich beobachte die Feierlichkeiten und warte bis die Feiertage vorbei sind um dann möglichst unkompliziert meine Reise nach Kolumbien fortsetzen zu können.
Während ich also so auf einer Parkbank sitze, fragt mich eine Gruppe Venezuelanerinnen, ob ich sie nicht zum Markt begleiten wolle. Und schon beginnt ein lustiger Abend mit viel Rum, Wein und Kartenspiel. Am Karfreitag ist Tanzverbot und dies ist wohl mein Glück - soviel Salsa und Merengue hätte ich wohl kaum heil überstanden ;-)!
Am Ostersamstag fahre ich weiter und sehe die Schäden der starken Unwetter. Ganze Hänge sind abgerutscht und von einigen Häusern stehen nur noch die Mauern. Die Strassen sind zwar wieder befahrbar, doch sind viele Brücken zerstört. Dort wo noch keine Notbrücken aufgebaut wurden, durchquere ich mit viel Schwung einige Flüsse. Ich bin froh, dass die Gewässer heute nicht mehr Wasser führen! Auch der Teerbelag der "Autopista" ist stark beschädigt und auf einmal kommen auf meiner Seite Fahrzeuge entgegen! Die Gegenfahrbahn ist immer noch mit tonnenweise Schlamm und Dreck bedeckt und der Verkehr wird einfach umgeleitet - aber alles ohne irgendwelche Signalisation! Gegen Abend erreiche ich die Provinzhauptstadt San Cristóbal und fahre dann weiter zum Grenzort San Antonio.
Bereits am Sonntag melde ich mich bei der Immigration in Venezuela ab, doch muss ich noch bis Montag warten, um auch den Wagen beim Zoll abmelden zu können. Am 28. März 2005 überquere ich die "Puente Simon Bolivar" und fahre weiter nach Cúcuta, Colombia -> COLOMBIA PART 2.
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